Samstag, 21. Juli 2007

Zeit

Zeit, mich zu besinnen, wo ich stehe. Zeit, die verflossen ist, seit dem letzten Eintrag. Zeit, die unweigerlich zerrint. Zeit, die meine Eltern, und damit auch mich, dem Tod entgegentreibt. Zeit, in der der elterliche Hof, das Familienerbe, zerfällt. Zeit, in der die Kinder wachsen. Zeit, die ich zu nutzen versuche: Klug oder nicht? Zeit, die mir davonrennt, Zeit die nicht zur Verfügung steht, Zeit der ich nachtrauere, Zeit.......

So vieles ist geschehen seit dem letzten Blog-Eintrag. Und eben der Blog macht mir das Verfliessen der Zeit bewusst. Ich war nochmals im Männerworkshop - was ist anders an mir jetzt? Die Buben sind grösser geworden, was macht das mit mir? Was wird einmal aus ihnen?Mein Schamanismus hat sich vom "Allein-Seidh" zu Traumreisen zusammen mit meiner Frau entwickelt - habe ich ihr geholfen damit? Und mir? Mein Mann-Sein dehnt sich auf negative Rollen gegenüber den Kindern aus - der strenge Erzieher, aber auch auf mehr Zärtlichkeit und Sex mit meiner Frau. Wie geht das weiter?

Eigentlich bin ich im Moment gerade am Kochen. Aber auch am Schreiben. Und irgendwie auch in der Magie. Irgendwie siedet das alles, ist alles Seidh. Ich finde meine Magie wieder, langsam. Ich finde mein Herz wieder - langsam, nachdem es ziemlich schmerzen und schlagen musste, damit ich es zu suchen beginne.

Es ist jetzt und hier nicht die Zeit, in die Einzelheiten meines jetzigen Lebens einzutauchen. Wichtig ist: Woden ist bei mir, Freya ist bei mir und Freyr auch, Donar ist jeweilen da, wenn wieder ein Gewitter aufzieht.....und alle Götter zusammen haben unseren Garten auf's höchste gesegnet. Es wir Zeit, den Dank dafür vorzubereiten, den Erntedank.

Wichtig ist auch, dass Familie und Beruf mein Zentrum sind, obwohl sich ein Mann letztendlich von nichts abhängig machen sollte. Wichtig ist, dass es im Beruf gut läuft und mit Frau und Kindern auch - holz aalange! - die Götter seien weiterhin mit uns allen.

Immer noch mehr konzentriere ich mich auf mein Mann-Sein, dieses Leben hier mit meiner Männlichkeit auszukosten und auszuloten. Das ist wichtig und umfasst viele problematische Themen - Männerthemen eben - wie Gewalt, Mut, Sexualität, Aggression, aber auch Gefühle und Gespräch. Und Humor, den ich am allerwenigsten verlieren darf.

Es ist immer ein Spannungsfeld. Erst letzthin habe ich begonnen, mein Heidentum nicht mehr so fundamentalistisch zu verteidigen. Es ist Literatur, die mir geholfen hat, wieder toleranter zu werden, ohne meine Linie zu verlassen (stimmt nicht ganz: Ich habe einige Abstecher zum Keltischen und Griechischen gemacht - aber ich bleibe beim Nordischen).

Zwei grosse Mythenkreise beschäftigen mich im Moment:
1. Die Wielandsage und ihr Bezug zur Schweizer Geschichte, der offensichtlich ist. Aber - je länger mich diese Sage fasziniert, auch, was ihr Bezug zu mir ist und
2. Die Amfortas-Figur (Fischerkönig) als alter König, der entweder geheilt oder getötet werden muss, denn wenn der König krank ist, geht es auch dem Land schlecht - zu beobachten jetzt in meinem Elternhaus.
Diese beiten mythischen Bilder werden mich noch weiter beschäftigen. Und ich werde Woden befragen, wie es mit dem Hof der Eltern weitergeht.

Mehr ist von mir nicht zu berichten. Nur Details. Die behalt' ich für mich. Wie gesagt, bald ist Erntedank. Wir haben hier nicht nur für die Früchte des Gartens zu danken, sondern auch für die Früchte des Lebens. Und die Dankbarkeit im Herzen zu tragen.

Montag, 5. Februar 2007

Hirschmaske








Schon vor einem Jahr war sie Schwerarbeit und eine neue Erfahrung, vor allem, was das Material anging, hatte ich doch noch nie Horn bearbeitet (und werde es mir auch schwer überlegen vor dem nächsten Mal). Doch die erste Erfahrung war gut, das Hirschgeweih hielt auf dem U-Förmig über den Kopf gebogenen Metallprofil, an der sich Ledergurte zur Befestigung am Kopf anschrauben liessen. Ein Gurt horizontal über die Stirn, ein Gurt vertikal unter dem Kinn durch. Damit war der Halt aber noch nicht optimal, das Gewicht des Geweihs war zu gross. Mit diagonalen Riemen am Hinterkopf verband ich den horizontalen mit dem vertikalen Gurt. Die beiden diagonalen Riemen wiederum schloss ich mit einem weiteren Riemen über den Hinterkopf zusammen. Das hielt! Dann nur noch auspolstern und die Ledermaske dran und fertig. Fertig?


Nein. Die Ledermaske passte mir nie. Zu flach, zu frontal, hat den Kopf dahinter nie richtig verborgen. Ich suchte, in meinem Kopf und in Läden, bis ich dieses wunderbar zottige Schaffell gefunden hatte, im Allerley in Islikon. Da wuchs das Bild in meinem Kopf und in Strichzeichnungen auf Papier, schliesslich schnitt das Teppichmesser Augen, Nasenöffnung und Öffnungen für das Geweih aus dem Fell, natürlich von der Lederseite her. Dann noch das Nasenstück aus Leder - fertig. Jetzt bin ich versöhnt mit meiner Hirschmaske. Das Gewicht des Fells holt den hohen Schwerpunkt des Geweihs etwas herunter. Das wunderbare Fell verhüllt den Kopf ganz, Augenhöhe stimmt, Nasenhöhe nicht ganz, da muss man etwas durch den Mund atmen. Und wunderbar warm ist's darunter.....!

Runenfärben


Eigentlich schreibe ich heute in der Vergangenheit. Denn das Ritual, das ich hier aufzeige, liegt schon länger zurück. Es ist denn auch kein Ritualbeschrieb.

Es war Zeit. Ich habe nicht willkürlich und eigenmächtig entschieden, sondern spürte deutlich in und an mir, dass die Zeit da war für mich, mir rote Runen zu färben (die ich allerdings nicht selbst geritzt habe), die mit meinem Blut, meinem Leben in Verbindung stehen. Nun sollte es nicht einfach ein Anmalen der Runen werden. Im würdigen, respektvollen rituellen Rahmen vor dem Götteraltar mit dem Bildnis des Göttervaters und Runenfinders nahm ich jedes Runentäfelchen aus der Schale und fuhr den Linien mit blutroter Farbe nach. Das physische Opfer dafür war nicht mein Blut, symbolisch aber doch. Jede Rune fragte ich, was sie mir sagen will, was ich davon schon erlebt habe, was die Einweihung ist. Und so floss mein Lebensblut in die Runen, und sie wurden lebendig für mich. Das ganze gestaltete sich zu einem "Werkritual", aus dem ich sehr ruhig und besonnen hervorkam.

Sonntag, 14. Januar 2007

Mehr Chalusenbilder










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Urnäsch, 13. Januar 2007






Sie kommen wie aus dem Nichts. Dabei müsste man ihre Routen, den Strech, eigentlich nachvollziehen können. Sie tanzen durch die Menschenmenge, als ob diese nicht da wäre, obwohl die Menschenmasse sich anklebt, um zu sehen und zu fotografieren, weicht sie ehrführchtig und respektvoll zurück, sobald sich der "Schuppel" wieder in Bewegung setzt, keine Behinderung duldend, auch Postautos und Touristencars müssen warten und ausweichen.

Silvesterchläuse. Ich habe sie dieses Jahr am alten Silvester zum ersten Mal "leibhaftig" gesehen und komme wie aus einer anderen Welt zurück. Ich kann hier nicht alle Aufnahmen posten, die ich gemacht habe, nur die besten aus meiner Sicht. Das Erlebnis kann ich kaum wiedergeben, sogar meine Kinder kamen ins Fieber, wo und wann wohl wieder ein Schuppel auftauche, und ob es än schönä, än wüeschtä oder än schöwüeschtä sei. Die Faszination des genauen rituellen Ablaufes dieses Neujahrssegens ist ungemein. In Urnäsch ist das Ganze schon sehr zur Touristen- und Besucherattraktion geworden, ohne, dass sich der Brauch dem angepasst hätte (Holz alänge, dass es so bleibt!).

Das Ritual ist fest: Auf dem Weg wird federnden Schrittes mit dem Stock gelaufen. So, dass eventuelles Publikum nicht mithalten kann. Immer in der Reihenfolge Vorrolli, Glockenträger (mindestens vier), Nachrolli. Die Rolli sind die mit den Schellengurten, bei den Schönen die Frauenfiguren mit den grossen Hauben. Die Rolli haben den ganzen Strech hüpfend und drehend zurückzulegen. Das ist ziemlich streng bei einem bis zu achtzehnstündigen Tag und einem Strech von bis zu 20 Kilometern. Kommt der Schuppel bei einem Hof oder einem vorbestimmten Haus im Dorf an, werden zuerst die Bewohner "herausgeläutet" und "-geschellt", wobei Vor- und Nachrolli die Schellen wie Brüste schwenken, die Männermasken ihre Glocken ebenso an das Geschlechtsmerkmal erinnernd - mit dem Klöppel - hin und her schwenken. Treten die Bewohner aus der Türe, wird der Besuch vom Vorrolli angekündigt bzw. vorgestellt, dann bildet der Schuppel einen engen Kreis und beginnt mit dem wortlosen Gesang, dem Zäuerle. Die Hausbewohner hören zu. Nach der ersten Zäuerlirunde wird wieder geschellt, das Signal, dass der Schuppel etwas zu Trinken bekommen sollte. Das kann Weisswein, Most, Kafi Lutz sein, obligatorisch ist der Trinkschlauch, denn mit den Masken kann man nicht am Mund ansetzen. Ein Glas und ein Schlauch wandern in den Händen - meist - der Hausfrau von Chlaus zu Chlaus. Es folgt die zweite Zäuerlirunde, da ist es geboten, dass jemand vom Haus, meist der Hausherr, in den Kreis tritt und mitzäuerlet. Das Zäuerli klingt aus, die Männer fassen ihre Stöcke fester, das Signal für die Rolli, langsam die Schellen zu bewegen, die Glocken folgen, allseits wird den Gastgebern ein gutes Jahr angewünscht und die Schuppel bewegt sich zum nächsten Ort weiter. Die Kombination der lauten Schellen und des durch die Masken gedämpften Gesangs zieht einen in einen magischen Bann.

Das Ritual bleibt stets das gleiche. Das korrekte Auftreten wird aber von den Schönen besonders genau eingehalten. Als Stimmungsbild sei der 20-Minütige Film "Silvesterklausen" von Andreas Baumberger im Auftrag des Appenzeller Volkskunde-Museums empfohlen.

Lebensgeister

Zeit, um über triviales zu reden, obwohl ich anderes zu sagen hätte....
Seit dem Männerworkshop mache ich es, manchmal kostet es Überwindung, manchmal macht es einfach Spass. Ich mache es für meine Gesundheit, aber ich werde trotzdem noch krank und das macht auch nichts. Ich mache es, weil ich Mann bin, auch wenn eine Frau letzthin im TagiMagi verlauten liess, sie mache es, bis sie nicht mehr fühle, ob es warm oder kalt sei....

Kalt Duschen!

Es gibt fast nichts besseres! Im Sommer eine Selbstverständlichkeit, im Winter eine Initiation. Bei Gesundheit eine Vitalisierung, bei Grippe eine Herausforderung.

Und das allerschönste daran, das Urvertrauen, das mir lange gefehlt hat: Dass der Körper nach der Abkühlung seine Wärme wieder findet, ohne gleich eine Erkältung oder Durchfall zu generieren! Das musste ich erst - relativ spät - lernen.

Take it!

Freitag, 12. Januar 2007

Wald.Sturm.Nacht.

Nicht, dass es mir leicht gefallen wäre. Ich bin ein verdammter Schisshas. Nun bin ich drin. Und nur die Flugzeuge stören, die Kloten von Osten her ansteuern, da sie aus Westen mit den starken Winden entweder wie eine Flunder auf die Piste gedrückt, oder, bereit zum Durchstarten, zu weit geschoben würden. Aber ihr Rauschen ist mit dem des Waldes verwandt, teilweise vermute ich schon Flugzeuge im Landeanflug, wenn es "nur" eine Bö in den Wipfeln ist.

Es ist Nacht, aus dem viel zu hellen Quartier habe ich mich in zum "oberen Rundweg" am Hummelberg, dem Hügel bei uns aufgemacht. Jetzt stehe ich im Wald, bei Windgeschwindigkeiten an die hundert Stundenkilometer. Die Baumriesen schwarz, lebendig wie nie. Wenn der Wind nicht wäre, ich hätte die Hosen voll - wegen der Stille und jedem kleinsten Geräusch. Jetzt ist auch alles fremd. Aber das ohrenbetäubende Rauschen hüllt einen wie wohlig ein. Und der Wald birgt mich ja, ich spüre den Wind kaum, der die Bäume teilweise bedrohlich biegt. Jeden Moment könnte ein herunterfallender Ast mich ungespitzt in den Boden hauen und meine Angehörigen und Freunde dürften mir dann das letzte Geleit geben. Aber davor habe ich keine Angst, sehe höchstens ab und zu nach oben. Was mich immer wieder erschreckt, wenn aus dem Dunkeln ein herunterhängender Tannenast plötzlich nach meinem Kopf greift. Im Jungwald hocken die Waldgeister. Ich störe sie nicht. Zahlreiche Geräusche im Wald deuten darauf hin, dass auch die Tiere in dieser Nacht nicht ans Schlafen denken (können).
Aus dem Wald, erfasst mich der Wind voll. 130 km/h sollen es werden bis Mitternacht. Ich merke, wie nackt ich jetzt bin, welchen Kokon ich verlassen habe. Die Jacke hält nichts, der Wind bläst wie durch mich hindurch. Fast, denn was Widerstand ist, muss ich gegen ihn anschieben. Ich wähle einen Heimweg, der mich nicht zu abrupt in die Zivilsation zurückwirft. Daheim ist's warm und ruhig. Verdammt, hat das gut getan!

Mittwoch, 3. Januar 2007

Germanisch?



Historische Korrektheit ist für Historiker und fachlich Interessierte unerlässlich und wichtig. Trotz alledem kursieren auch heute noch Völkerbezeichnungen, die keine sind: "Die Germanen", "Die Kelten". Bezeichnungen, die schon damals von aussen - von den damals Geschitsschreibenden - gewählt wurden für Stammesansammlungen, die eine ähnliche Kultur, Religion und Lebensweise pflegten. Zusätzlich haben keltische Druiden ausdrücklich den Unterschied zu germanischen Stammesverbänden hervorgehoben. Nicht zuletzt - so ist zu vermuten - um die eigene Kultur zu schützen. Historisch falsch ist auch, einen direkten Bezug von Megalith-Kulturen, den bronzezeitlichen Kulturen und dem Germanischen herzustellen, diese Vorstellungen entspringen historischem Romantizismus.

Wir - die lose Gruppierung, der ich mich zuschreibe - muss sich zwangsläufig "neue Heiden" nennen. Denn die alten Heiden sind tot. Einige von uns nennen sich "Asatru", also "Asentreu" und beziehen sich so strikte auf einen Teil des nordischen Pantheons - sonst müssten sie sich zumindest auch "Wanatru" nennen. Die von der Schweizer Gruppierung gewählte Bezeichnung "Alte Sitte" finde ich da viel offener und zugleich treffender. Oder kann jemand genau ausmachen, welcher von den alten Gebräuchen alamannisch, rätisch, helvetisch, bronzezeitlich oder gar noch älter ist???

Was bei den "neuen Heiden" glücklicherweise verschiedentlich schon gescheitert ist, ist der Aufbau einer "heidnischen Kirche" mit standardisierten Ritualen, religösen Dogmen (aus der Edda als "heidnische Bibel" bezogen!!!) und religiös-dogmatischen Abgrenzungen zu anderen (also die verständlichste wäre noch "Asatru" vs. "Wicca").

Was will ich mit alledem sagen? Schau mal das erste Foto oben an, das ist - im Moment - mein Altar. Ich käme nie auf die Idee, ihn "germanisch" oder gar "alemannisch" zu nennen! Viele würden gleich anspringen und einen Wicca-Altar darin sehen - und der gleichen Oberflächlichkeit unterliegen! Ich sag' mal, was ich darin sehe: Ich sehe Götter (mehrere, männliche und weibliche, meinen Lebens-, Lern- und Alterungsprozess wiederspiegelnde). Ich sehe sicher keinen "lieben Gott" (der dann doch nicht "lieb" ist). Ich sehe verbildlichte (Natur-)Kräfte. Ich sehe Figuren, die in den Vorstellungen der Menschen in dieser oder ähnlicher Form früher einmal existiert haben. Für mich stimmt es, wenn ich Cernunos auch Frey nennen kann, auch wenn Historiker und "Asatruar" dabei den vierfachen Rückwärtssalto schlagen würden. Für mich stimmt es, wenn Diana Frigg/Freyja ist.(siebenfacher, geschraubter Rückwärtssalto, liebe Dogmatiker)..und ich unterstelle, dass schon die ollen Germanen einige Figuren ihres Pantheons zwar sicher selbst gespürt (und darauf kommt es an!) aber in ihrer Bildhaftigkeit und Persönlichkeit nicht selbst erfunden haben! Eigentlich Bildhaftes existiert ja aus dem germanischen Kulturraum sowieso kaum. Der Ur-Mann indoeuropäischer Stämme, Odin/Wotan, war er in seiner Form als Jäger in Kriegsmontur (also doch eher Heerführer), in Jagdmontur oder, in seiner schamanischen Ausprägung, mit Geweih und Fell unterwegs? Für mich austauschbar! Denn es spielt eines eine Rolle, Odin/Wotan als Urbild der männlichen, aggressiven, sexuellen Kräfte! Wenn Du Seidh praktizierst, wirst Du erfahren, dass ein eventueller Unterschied in der Vorstellungswelt wirklich vernachlässigbar ist.

So verhält es sich auch in unserer Sicht von "Germanen", "Kelten", Bronzezeit- und Megalithkulturen: Der direkte historische Bezug ist nicht herzustellen. Ein Bezug ist Rahmen einer kontinuierlichen Entwicklung und Umwälzung der Völker in Europa aber auch nicht von der Hand zu weisen, insbesondere, wenn man bedenkt, dass der Ahnenkult (und damit der Respekt vor älteren Sitten) schon vor dreitausend Jahren und früher eine zentrale Rolle im "religiösen" Leben des Volkes gespielt haben muss. Es ist auch anzunehmen, dass bei "religiösen Neuerungen" den alten Heiligtümern noch immer Respekt gezollt wurde, wenn sie nicht gar weiterhin benutzt wurden. Für mich hört "Alte Sitte" nicht beim Germanischen oder Keltischen auf. Es ist ein Faden, der sich in grauer Vorzeit verliert, ein oder mehrere Fäden, die bei genauem Hinsehen meine Wurzeln bilden.

Schlussendlich liebe ich genau den Pluralismus im Heidentum, der verhindert, dass alles zusammen mal eine riesige heidnische Institution wird. Dieser Pluralismus - so unterstelle ich nun wieder in historischer Unkenntnis - war in der Völkerwanderungszeit und vorher in gewissen Grundzügen (aufgrund der niedrigen Bevölkerungsdichte) genauso vorhanden wie heute, exzessiver und auf dem Fundament kapitalistischen Eigenbrödlertums (und als Pluralismus eben doch nicht negativ). Und die von mir gelebte Religion spiegelt meine "seelischen" Realitäten wieder, ist also sehr persönlich.

Und eben daraus komme ich auf die andere bildhafte Darstellung (2. Bild oben), die mich fasziniert und anspricht: Odins Reise zum Aar. Auch hier fühle ich mich daheim. Dieses bild umfasst nur Germanisches. Auf schamanischen, initiatorischen Themen fussend (Odin an der Weltenesche, der Runenkreis), werden heidnische mystische Inhalte thematisiert, besser als in jeder Mystik-Abhandlung des Odinic Rite Deutschland! (Sorry, folks!).

Ich schliesse meine diversen, angefangenen Exkurse: Jeder von unserem bunt zusammengewürfelten Haufen wird SEIN Heidentum leben - eines der Alpennordseite, das schon - und das ist gut so! Hier fusst unsere Gemeinsamkeit, von hier aus können wir versuchen, die alten Sitten wirklich zu verstehen und zu interpretieren und in dieser Freiheit wurzelt unsere wirkliche Stärke, jenseits jeglicher heidnischer Linientreue.